Wieder ein Interview: Roland Kissling, der am Barcamp über seine spannenden Erfahrungen als Arbeitsnomade in der Wüste des Sinai berichtete – siehe “Arbeiten am Meer“, stellte mir für die Computerwelt ein paar Fragen zur Online-Demo, zum Barcamp und zum Bloggen im Allgemeinen.
Hier der Volltext, mit Verlinkungen:
CW: Wie lange bloggst Du schon?
Fahrnberger: Meine ersten Beiträge stammen aus dem Jahr 1999. Damals kannte ich das Wort ”žbloggen“ noch gar nicht. Alles begann mit einer Auto-Überstellung von Wien nach Ouagadougou [Anm.: Hauptstadt von Burkina Faso], für die ich per Satellitentelefon einen Reisebericht für einen Sponsor geschrieben habe. Regelmäßig blogge ich seit 2003.
Was machst Du beruflich?
Ich bin freier Berater für Produktentwicklung von Social Software, also ”žsozialen“ Webapplikationen. Ich wünschte ich hätte eine normalen Beruf wie Arzt oder Feuerwehrmann ”“ dann könnte ich meinen Job mit einem Wort beschreiben.
Wo kommt die Leidenschaft fürs Bloggen her?
Mein Blog war ursprünglich so etwas wie eine persönliche Notizensammlung. Mit der Zeit kamen dann immer mehr Leser dazu. Es begann ein Dialog. Und das ist das eigentlich spannende daran. Ich blogge sowohl über private als auch berufliche Themen. Das Blog ist mittlerweile ein auch in beruflicher Hinsicht sehr gutes Kommunikationsinstrument geworden ”“ mehr als ich das mit einem statischen Webauftritt hätte erreichen können. Ich erhalte immer wieder Kooperationsanfragen oder Aufträge von Leuten, die über mein Blog auf mich aufmerksam wurden.
Wie beurteilst Du die österreichische Blogger-Szene?
In Österreich sind Blogger noch eine gering vertretene Spezies – wobei sich in den letzten Jahren viel getan hat. Ich persönlich habe früher hauptsächlich auf Englisch gebloggt, weil es kaum deutschsprachige Leser gab. Das ist mittlerweile anders. In Österreich gibt es zwar nur wenige Fälle, wo durch Blogs so richtig große Stories aufgekommen sind. Aber viele Blogleser sind Multiplikatoren, ZB Journalisten und andere Meinungsführer. Blogger wie Christoph Chorherr, Peter Pilz oder Hans Peter Lehofer [Anm.: Richter am Verwaltungsgerichtshof] ZB haben mit ihren Blogs schon einige Male Themen in klassischen Medien platziert. In Summe lässt sich sagen, dass die österreichische Blogosphäre stark im Wachsen begriffen ist.
Wirklich? Ist der Blog-Hype nicht schon wieder am abklingen?
Der große Hype um den Begriff ist mittlerweile vorbei. Der Grund aber, warum Blogs nicht verschwinden werden ist der, dass es Bloggen in irgendeiner Form schon immer gegeben hat. Es ist Mundpropaganda mit besseren technischen Mitteln – und damit ein Grundbedürfnis der Menschen: Sich mitzuteilen und zu kommunizieren.
Du hast über deinen Blog auch eine Kampagne gestartet, die sich gegen überwachungsstaatliche Maßnahmen richtet. Wie kam es dazu?
Im Dezember wurde bekanntlich in einer Nacht- und Nebelaktion das neue Sicherheitspolizeigesetz beschlossen, das der Polizei nicht nur weit reichende Kompetenzen einräumt, sondern auch die Gewaltentrennung zwischen Exekutive und Judikative aufhebt, indem es die richterliche Genehmigungspflicht abschafft. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Karl Korinek, meinte in diesem Zusammenhang einmal, er hätte den Eindruck, die Bürger würden ähnlich stark überwacht wie seinerzeit die DDR-Bürger von der Stasi. Dagegen wollen wir protestieren.
Wie ging”™s weiter?
Ich habe daraufhin auf meinem Weblog eine Grafik eingebunden, die Innenminister Platter mit der Bild-Unterschrift Metternich 2.0 zeigt und alle Besucher dazu aufruft, die parlamentarische Petition auf www.ueberwachungsstaat.at zu unterschreiben. Mittlerweile haben den Aufruf 174 Websites übernommen, von kleinen Websites bis hin zum Weblog der Kabarettgruppe Maschek. Mittlerweile wurden ”“ natürlich nicht nur durch die Online-Demo – über 21.000 Unterschriften für die Petition gesammelt.
Du bist auch Mitorganisator des ersten Barcamps im deutschsprachigen Raum gewesen. Was ist das genau?
Barcamps sind sogenannte Un-Konferenzen, siehe www.barcamp.at. Dort treffen sich Menschen aus der Internetbranche, um einen oder zwei Tage lang über technische und gesellschaftliche Entwicklungen zu sprechen. Un-Konferenz bedeutet, dass das Programm an Vorträgen erst in der ersten halben Stunde organisiert wird ”“ von den Teilnehmern selbst. Jeder Teilnehmer ist auch zugleich aufgerufen, selbst einen Vortrag zu halten oder eine Diskussionsrunde zu moderieren. Erst letzten Samstag fand das jüngste Wiener Barcamp statt ”“ mit über 80 Teilnehmern.
Und wie kam es dazu?
Das erste Barcamp fand 2005 auf Initiative von ein paar Bloggern im Silicon Valley statt. Der österreichische Blogger Michael Schuster und ich haben daraufhin beschlossen, das auch in Wien zu machen. Und wir waren auch nicht die einzigen, denn mittlerweile gibt es Barcamps weltweit in hunderten Städten. In Österreich finden sie mehrmals im Jahr in Wien, Klagenfurt, Salzburg und Graz statt. Ende Mai 2008 gibt es in Graz mit dem Politcamp sogar erstmals ein themenspezifisches Barcamp. Dort wird über die neuen partizipatorischen Möglichkeiten gesprochen, die das Internet dem Stimmvolk bietet.
Danke für das Interview.
5 replies on “Barcamp und Onlinedemo in der Computerwelt”
Danke für die Erwähnung des PolitCamps! (Leider habe ich es am Wochenende nicht nach Wien geschafft, vielleicht sehen wir uns in Klagenfurt?)
Herzlich
Heinz
@Heinz: Am Wochenende hast du was verpasst, war ein wirklich gutes Camp. Klagenfurt wird sich bei mir leider nicht ausgehen. Aber zum Politcamp hab ich fix vor zu kommen.
helge,
ich habs nicht geschafft, das eselsohr laut
http://wiki.helge.at/Einbauanleitung#Einbau_in_Wordpress
in mein neues wordpress blog einzubauen. geht wohl nur bei selbstgehosteten wordpress-blogs, oder gibts da einen kniff?
hab keinen “Theme Editor” (oder das falsche theme?!)
@Barbara: Ich glaub’ bei WordPress.com können nur zahlende Mitglieder in den Code der Themes eingreifen. :-(
hmm… blöd, bei twoday war das noch möglich. weblife und blogr ermöglichen das übrigens anscheinend auch nicht. leider.