Gefühlte zwei Jahre nachdem Google die Wiki-Bude Jotspot, damals Innovationsführer, gekauft hat, geht der Dienst endlich als “Google Sites” und damit als Teil von Google Apps online und wildert ab jetzt supposedly in den Gefilden von Microsoft Sharepoint, Confluence, Socialtext oder aus österreichischer Sicht SystemOne.
Nach zugegeben nur fünf Minuten Test (Urteil ist also mit Vorsicht zu genießen): Ich check’s nicht, wie man so lange brauchen kann und die offensichtlichen Chancen so verbocken kann.
- Anstatt das Wiki als Startseite für die ganze Google-Apps-Suite zu positionieren, den iGoogle-Startseiten-Klon zu ersetzen und die Docs-Dateiliste zu integrieren, ist das Wiki nur ein weiteres banales Standalone-Service.
- Die Integration mit anderen Services ist supermühsam bis inexistent. Wer zu einer “Page” ein Dokument attachen will, kann es nur hochladen, das Attachen von Google-Docs geht nicht. Eine Wiki-Page als Gruppenkalender mit Google-Calendar-Funktionalität, als Spreadsheet oder als Google Doc anzulegen geht ebensowenig, man kann lediglich bereits existierende Docs, Kalender oder Spreadsheets einfügen. Eine Weiterleitung von Emails aus Gmail an eine Wiki-Page à la Confluence geht auch nicht. Die Perlen vergammeln im Saustall.
- Statt einem Spreadsheet-Modus hat “Sites” einen eigenen Listen-Editor, komplett unabhängig von Spreadsheets.
- Die Usability ist allgemein eher schwach. Wer auf eine Wikipage linken will, muss diese vorher schon angelegt haben, sonst funkt das nicht. Zusätzlich zur eh schon verbockten Google-Docs-Fileverwaltung und den Attachments kann man noch extra “File-Cabinets” einrichten. Kraut und Rüben. Das Beste: Wer Spreadsheet, Doc oder Kalender in eine Wikipage einfügen will, muss dazu die URL per Copy&Paste einfügen. Das fällt schon nicht mal mehr unter Anfängerfehler.
- Das Wort “Wiki”, das 2008 eigentlich Mainstream genug sein sollte, es zumindest im Untertitel zu verwenden wird peinlich vermieden. Stattdessen trägt das Ding den nichtssagenden Namen “Google Sites”. “Google Pages” gibt’s übrigens auch schon irgendwo, ist aber was anderes. Branding, anybody?
Fazit: Irgendeinen schnell angelegten Mediawiki-Intranet-Hack (ich bekenne mich mehrfach schuldig) wird Google Sites schon ersetzen können, aber der Intranet-Markt bleibt weiter in Händen der Profis. Dass hier eine andere Generation an Googlers das Ruder übernommen hat, zeigt ein Detail: Den neuen Dienst ziert kein “Beta”-Zusatz.
(Langerwartete Nachricht via Fuzo.)