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Mein Fehler, Herr Graf

Sehr geehrter Herr Martin Graf,

es freut mich, dass Sie die Zeit finden, mein Blog Internet-Tagebuch zu lesen:

So vermerkt der Internet-Tagebuchschreiber Helge Fahrnberger, der einmal mehr große antifaschistische Ehren erwarb, indem er als Erster über die neue Plakatserie der Wiener FPÖ bloggte, über das heftig diskutierte ”žWiener Blut“-Sujet folgendes: (..)

(Der Link Verweis stammt jetzt von mir, den hatten Sie vergessen.) Danke auch, dass Sie uns Ihre Interpretation des FPÖ-Plakats nicht vorenthalten:

Wenn ich (..) den Spruch auf dem Plakat der FPÖ lese, dann denke ich bei ”žWiener Blut“ zunächst an Kultur, Operette, vielleicht ein bisserl an Falco und insgesamt an den liebenswerten Charakter dieser großen Kulturstadt. (..) Die Interpretation eines mutigen, aber verantwortungsbewussten Umgangs mit sozialen Problemen unserer Wiener Gesellschaft erscheint mir jedoch als einzig zulässige Deutung im 21. Jahrhundert.

Da habe ich die Botschaft Ihrer Partei falsch verstanden: Nicht Provokation und eindeutige Signale an den rechten Bodensatz unserer Gesellschaft ist ihr Anliegen, sondern die Lösung migrationsbedingter Probleme in unserer Stadt!

Ich bitte, den Irrtum zu entschuldigen. Ich vermute, dem großen Antifaschisten Michael Jeannée ist der seinige ähnlich unangenehm, kommentiert er doch in der Kronenzeitung:

Ich meine dieses “Mehr Mut für Wiener Blut”, (..) das – no na! – Assoziationen weckt zu jener widerwärtigen Sprache, von der man glaubte, sie wäre am Misthaufen der braunen Blut-und-Boden-Geschichte längst vermodert.

Auch den Gutmenschen des Informationsportals “Alpen-Donau.info” ist ihr Missverständnis (NSFW) sicher peinlich:

Uns gefällt die Hinwendung zum Blut sehr gut. Jetzt wollen wir aber auch klargemacht wissen, daß Blut und Boden sich gegenseitig bedingen. Daher ist die Ausschaffung von Ausländern das Gebot der Stunde.

Durchwegs linkslinke Unterstellungen, die sich der “einzig zulässigen Interpretation eines mutigen, aber verantwortungsbewussten Umgangs mit sozialen Problemen” versagen.

Ich danke Ihnen für die Aufklärung und stimme einem ihrer Sätze vollsten Herzens zu:

Es ist recht schade, wie sehr sich manche Leute über den Nationalsozialismus definieren, wo doch so viele aktuelle Probleme unserer Gesellschaft ungelöst vor uns liegen, die mit der Vergangenheit reichlich wenig zu tun haben.

Herzlichst Ihr
Helge Fahrnberger

PS. Zwei wunderbare Alternativvorschläge für ein Wiener-Blut-Plakat von Digiom und Comics gegen Rechts, täten’S die dem Herrn Kickl vorschlagen, geht das?

3 replies on “Mein Fehler, Herr Graf”

Ich finde die “Alternativvorschläge” auch sehr treffend und wahr. Jedoch glaub ich nicht dass das den FPö Wähler anspricht (ganz im Gegenteil, befremdet ihn wahrscheinlich nur noch mehr). Bzw. Passiert einfach gar nichts um den Wienern zu vermitteln das man stolz auf die multikulturelle Identität Wiens sein kann. Die Leute zusammenbringen mein ich. Den sogenannten Inländer und Ausländer. Das Extrakt aus den Berichterstattungen ist aber: “Die FPö is so …”. Setzt ein was euch grad einfällt. Sandkastenniveau halt.

Viele Wiener definieren sich leider darüber dass sie “Kane Tschuschn, Tirkn oder Judn” sind. Ergo fühlen sie sich von “den Anderen” bedrängt. Das kann man aber nicht ändern indem man ihnen sagt dass das sie rassistisch sind eine falsche Meinung haben. Und zwar ganz einfach weil das nicht Stimmt (rassistisch ja/vielleicht, aber die Aussage an sich ist ja richtig).

Und deshalb kann die FPö mit solchen Blödsinn noch immer Wähler gewinnen. Angst machen dass man “seine” Identität, die es in der Form zwar nie gab, verliert…sollte also möglich sein dieses Selbstverständnis der Realität des multikulturellen Wiens anzupassen…(Konjunktiv).

SPö und Grüne thematisiert aber trotzdem nur dann, so stark wie ich mir das wünschen würde, wenn die FPö wieder mal ins braune trifft. Und dann geht man natürlich nur auf den dummen Wahlspruch ein, und die Energien landen in Schreibgefechten mit Leuten bei denen’s eh schon zu spät ist.

Schade.

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