Gestern hielt ich einen Vortrag vor ca. 100 Personalchefs oberösterreichischer Unternehmen bei einem Expertenforum des Netzwerkes Humanressourcen (im echt sehenswerten neuen Ars Electronica Center in Linz), zum Thema “Was die Cloud über Bewerber weiß – und wie Sie es rausfinden”.
Ich hatte meinen Talk interaktiv angelegt und wollte die versammelte Recherche-Weisheit einfließen lassen. Auf meine Frage, wer Bewerber online einem Background-Check unterzieht, gingen zu meiner großen Überraschung (und im Widerspruch zu so manchen Studien) aber nur wenige Hände hoch: “Check über Xing?” Circa zehn. “Check über Google?” Circa fünf. “Darüber hinaus?” Null.
Also bestand der Vortrag in Folge doch nur aus meinen eigenen Recherchetipps. Dafür wurden die anwesenden Personaler während des Vortrags zunehmend unruhig und machten sich in Zwischenfragen über ihre eigene Online-Reputation Sorgen. Auf meine Frage an zwei Teilnehmer anschließend im Lift, wieviele der Teilnehmer wohl heute abend noch nach ihrem Namen googlen würden: “Über 95%, würde ich sagen.”
Hier die Slides:
Update 16.2.:
Mein Vortrag hat Kritik ausgelöst. Kern der Kritik:
..bedeutet im Klartext, dass Unternehmen in Privatbereiche vordringen sollen, um sich ein genaueres Bild von einem möglichen neuem bzw. bestehenden Mitarbeiter verschaffen zu können.
Zuerst muss ich sagen, dass ich mir anfangs auch überlegt habe, ob ich einen solchen Vortrag halten will. Immerhin würde ich viel lieber Bewerbern beibringen, wie sie Privates aus dem öffentlichen Netz raushalten, und wie sie aktiv Identitätsmanagement betreiben. Allerdings kann bessere Recherche für einen Bewerber potentiell genauso positiv wie negativ sein. Ich persönlich würde es vorziehen, wenn jemand gut zu meiner Person recherchiert, wenn ich einen Job haben will, als dass er an Recherchehürden scheitert.
Und, wie Martin es ganz gut auf den Punkt bringt, global Öffentliches ist nicht privat. Was es braucht, ist Medienkompetenz – und die beginnt beim Problembewusstsein. Hier ist jede Öffentlichkeit gut und nützlich. Siehe den begleitenden Artikel zur Veranstaltung: Online / Scan. (Danke an Ed für den Scan!)
Übrigens geht aus meinen Slides nicht hervor, dass ich dringend vor dem Eindringen in die soziale Sphäre der Bewerber gewarnt habe – Recherche muss sich ausschließlich auf tatsächlich Öffentliches beschränken.
13 replies on “Personalchefs müssen sich erst mal selbst googeln”
Interessant wäre auch, ob die Personaler Websites für den umgekehrten Fall kennen bzw. prüfen ob/wie ihr Unternehmen darin vertreten ist. Da wären zB http://www.kununu.com oder http://www.kelzen.com
Kam soetwas auch zur Sprache?
Gute Idee, dieser Vortrag :-) Und feine Slides dabei.
Ich sehe die Schweißperlen auf so mancher Stirn …. Gab’s einen Gag, a la “so finden Sie heraus, welche Filme Karl Gruber auf Youporn zuletzt gesehen hat”? :-)
ich leiste hier (no-new-media-business) basisarbeit was net-credibility betrifft..
als anderes beispiel: der arbeitgeber mobbed bis derjenige geht, und im netz ist der posten aber ca. so lange wie die mobberei passiert, ausgeschrieben (so erlebt).
also sollte auch HR bzw. das Unternehmen aufpassen was im netz steht ;)
Sehr wegzweinullig die Spiegelungen und der Verlauf – Keynote rules ;)
Werkenntwen hätte jedoch ein paar Sterne mehr verdient in Sachen Verbreitung, zumindest neuerdings in Deutschland.
Das einzige soziale Netz, in dem meine Eltern vor mit drin waren!
Wie? Was? Ich bin ein bissl schockiert.
Es kann doch nicht sein, dass Firmen
diese Slides auch in irgendeiner Form
als “neu” und “aha” einordnen.
Kann es tatsächlich sein, dass die alle
Social Networks übersehen und verschlafen
haben?
Das Ergebnis deiner Mini-Umfrage ist interessant. Mich würde interessieren, was für ein Bild vermittelt wird, wenn man im Internet gar nichts über die Person finden kann.
Ich las vor wenigen Wochen in den OÖN einen Artikel über dieses bevorstehende Event vor OÖ Personalchefs und es erfüllte mich bereits ein Schaudern – ich habe schlimmes befürchtet. Nun ist dieses Event anscheinend wirklich so gelaufen.
Nachdem ich diesen OÖN-Artikel und jetzt auch die Slides mir angesehen habe, so halte ich dezidiert fest, dass mich die Slides und der Vortrag befremden und halte es für äußerst bedenklich, was hier passierte!
Die Wirtschaftsethik leidet von Haus aus immer mehr und nun gibt man Personen ein Werkzeug in die Hand, mit dem sie vermutlich nicht umgehen können. Missinterpretationen, Mutmassungen, etc. könnten die Folge sein. Speziell in Zeiten wie diesen, in denen Personalfreisetzungen Gang und Gäbe sind, sind Gründe die auch zu Entlassungen führen können, natürlich herzlich willkommen.
Ich halte es für sinnvoller Bewerber zu schulen, als diejenigen zu schulen die die Macht über Sein und Nichtsein haben.
Wo bekommt man denn das “Noch Fragen?” Bild her? ;-)
Auja, das Bild will ich auch.
Ich glaube, dass die jetzige Generation an Personalchefs noch nicht genau darüber informiert ist, wie man im internet richtig nach Personen sucht. Einerseits hängt das wohl damit zusammen, dass sie selber keine Profile auf studivz, facebook etc. haben (ohne account ist es ja nicht möglich genaueres über eine person zu erfahren; nur profilbild und freunde werden auf der öffentlichen Seite angezeigt) und andererseits ist es wohl auch noch zu zeitaufwendig eingegrenzte informationen über eine Person zu bekommen.
[…] Helge Fahrnberger schreibt in seinem Blog, dass er an diesem Tag “Recherchetipps” für die Personaler gab. Da ich erst vor kurzem eine Bakk-Arbeit zum Thema “Social-Web-Recruiting” inklusive der Befragung von Personalverantwortlichen las, wusste ich (im Vergleich zu anderen – die anscheinend überrascht sind), dass die Kenntnisse in Sachen Web 2.0 und Personensuchen im Argen liegen. Nun gibt jemand im Schnelldurchlauf Personalverantwortlichen einen Ferrari an die Hand und diese können teilweise gerade mal mit einem Skoda Fabia fahren. Es werden Tipps gegeben, dass die Amazon Wishlist, Kleinanzeigen durchforstet oder das Fun-Portal StudiVZ gescannt werden soll. Bedeutet im Klartext, dass Unternehmen in Privatbereiche vordringen sollen, um sich ein genaueres Bild von einem möglichen neuem bzw. bestehenden Mitarbeiter verschaffen zu können – das natürlich vollkommen legal, denn die Informationen sind doch öffentlich im Internet vorhanden. […]
[…] Thomas Marban. Mindestens ebenso lesenswert: ein nachdenklich machender Incident zum Thema Personalchefs und Identitätsmanagement: Und, wie Martin es ganz gut auf den Punkt bringt, global Öffentliches ist nicht privat. Was […]
[…] Yasni damit als Werkzeug, um aktiv darauf Einfluss zu nehmen, was andere Leute über einen im Netz finden. “Schon lange wird über die Gefahren eines zu leichtfertigen Umgangs mit dem Web 2.0 […]