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Politikerblogs für den Standard kommentiert

Tom Schaffer vom Standard hat mich gebeten, eine Liste österreichischer Politikblogger zu kommentieren, sozusagen aus Bloggersicht. Rausgekommen ist eine Ansichtssache auf derstandard.at.

Meine Kommentare ungekürzt:

  • Andreas Schieder, (SPÖ)
    Schieder bloggt selten, nicht selten langweilig und immer auf Parteilinie. Erreicht damit nur die, die ihn eh schon wählen.
  • Caspar Einem, (SPÖ)
    Einems “Blog” fehlen einige Eigenschaften eines solchen, aber die Texte sind persönlich und wirken selbstgeschrieben, die Handy-Fotos authentisch und uneditiert.
  • Christoph Chorherr, (Grüne)
    Der vermutlich erfolgreichste Politikblogger Österreichs. Schaffte mit seinem Blog 2005 den erfolgreichsten Vorzugsstimmenwahlkampf aller Nicht-Spitzenkandidaten in Wien und hat sich seitdem einen Stamm an vielen hundert treuen Lesern aufgebaut, die seine Themen ins Land hinaustragen. Geht allerdings wie die meisten nicht auf andere Blogger ein, zudem erschwert die kreative Rechtschreibung das Lesen mitunter.
  • Erwin Buchinger, (SPÖ)
    Verwechselt Bloggen mit Tagebuch-Führen. Wen interessiert, wann Herr Buchinger jeden Tag aufsteht? Das langweiligste Blog von allen.
  • Hannes Swoboda, (SPÖ)
    Swoboda verlinkt keine externen Quellen und will offenbar auch nicht verlinkt werden (es fehlen die Permalinks). Das hat mit Blogging wenig zu tun.
  • Johannes Rauch, (Grüne)
    Rauch zeigt mit hunderten Reaktionen aus der Blogosphäre und erfolgreichem Agenda-Setting (wie jüngst in der Sache der Silvretta-Arena) wie Bloggen geht.
  • Jürgen Wutzlhofer, (SPÖ)
    Bloggt selten, aber dann seine persönliche Sicht, nicht die der Partei. Erfrischend.
  • Karin Hakl, (ÖVP)
    Bloggt auf einer verschlimmbesserten WordPress-Installation, was den Konsum nicht immer einfach macht. Ein Eingehen auf Kommentierende und andere Quellen ist nicht zu beobachten. Ansonsten sauberes Mittelmaß.
  • Karlheinz Klement, (FPÖ)
    Klement “bloggt” ausschließlich in der dritten Person, der schreibende Mitarbeiter versucht also wenigstens nicht einmal, den Anschein des Bloggens zu wahren. Insofern fast löblich. Ebenfalls mit unverständlich verhunzter WordPress-Installation, aber das passt zu den Inhalten.
  • Laura Rudas, (SPÖ)
    Keine Permalinks, keine Kommentare, kein RSS, kein Diskurs mit anderen Blogs – das ist nicht Bloggen. Zu ihrer Verteidigung muss gesagt werden, dass sie das Wort “Weblog” dabei auch nicht strapaziert.
  • Marie Ringler, (Grüne)
    Ringler bloggt seit Jahren konsequent von ihrem Handy – kurz, authentisch und mit unscharfem Foto. Ein echter, über die kleine und treue Fangemeinde hinausgehender Diskurs will so aber nicht aufkommen. (Disclaimer: Ich kenne und schätze Marie privat.)
  • Michi Mojzis, (ÖVP)
    Mojzis ist eine der wenigen, die aktiv auf Kommentierende eingeht und auf Kommentare antwortet. Diese allerdings sind spärlich gesät, was vermutlich daran liegt, dass sie kaum selbstkritisch, abseits der Parteilinie oder wenigstens aus der Innenperspektive postet.
  • Peter Pilz, (Grüne)
    Peter Pilz, der Veteran der österreichischen Politikblogger, macht es richtig. Dutzende Kommentare pro Eintrag und zahlreiche Medienreaktionen zeugen von einem authentischen und kontroversiellen Blogger. Der Blogosphäre verschließt er sich aber durch die falsche Software völlig – diese kennt keine Permalinks.
  • Petra Bayr, (SPÖ)
    Hat 2006 zum letzten Mal gebloggt, schade.
  • Reinhold Lopatka, (ÖVP)
    Lopatka bloggt regelmäßig und kompetent, obwohl ich mich frage, ob er die Texte selbst schreibt. Auch er geht nicht auf andere Quellen, Blogger oder Kommentierende ein – die Kommentare werden gar erst nicht veröffentlicht sondern gehen per Email an sein Team.
  • Ulrike Lunacek, (Grüne)
    Lunacek setzt auf die richtige Software, geht auf Kommentierende ein, bloggt häufig und persönlich – und es ist nur wenig Widerhall festzustellen. Was fehlt? Ein Eingehen auf andere Teilnehmer der Blogosphäre. Ein bisschen mehr Kontroverse würde auch nicht schaden.

Daraus zu folgern, dass die Grünen das Thema Bloggen als einzige verstanden haben, wäre übrigens falsch. Die überwiegende Mehrheit der grünen Mandatare sind in der Blogosphäre so präsent wie das BZÖ: Gar nicht.

18 replies on “Politikerblogs für den Standard kommentiert”

hallo helge, nette kommentierung der partei 2.0 activities. wollen die leute gelesen werden? ists ein beauty-contest? wollen sie die eigenen reihen, zb parteijugend, animieren? oder doch, wie oft angenommen, neue wechselbereite leute ansprechen?
lg, hugo
http://www.monoblog.at (idee: politiker, stakeholder, lobbyisten, nachdenkliche menschen könnten monoblog.at lesen & den einen oder anderen aspekt kommentarweise zur verfügung stellen, auf dass dieser letzte bereich im eu-liberalisierungs-karussell zeitgemäß dokumentiert u. bewertet werden kann)

Ich denke, du hast damit sehr geholfen, dass bloggen zukünftig in der Politik selbstverständlicher wird. Find ich gut – für die Politik (weil damit werden wir kritikfähiger und offener) und va für jene, die sich für Politik interessieren.

@hugo: wen die politiker mit ihren blogs ansprechen wollen, musst du sie selbst fragen. ich habe ihre blogging-aktivitäten nur danach kommentiert, ob sie das medium verstanden haben, zb. einen dialog statt eines monologs führen.

die idee, die liberalisierung des glückspielmarkts mit einem blog kritisch zu begleiten finde ich übrigens hervorragend! siehe auch hier.

schoener ueberblick! und was den buchinger fuer ein teufel reitet, dass er sich mit aller gewalt als fruehaufsteher positionieren muss, ist mir auch ein raetsel.

@weltbeobachterin: die auswahl stammt vom standard. mir wären noch andere kommentierenswerte blogs eingefallen, wie beispielsweise das pröllblog.

zu huainiggs blog: auch das verdient den namen nicht wirklich, auch wenn es persönlich geschrieben ist – kaum links, keine kommentare, keine permalinks. das ist nur ein tagebuch, leider.

@hannes: nein, ganz im gegenteil. es gab eine positive rückmeldung von michi mojzis hier in den kommentaren, noch eine von christoph chorherr chez lui und einen konstruktiven kommentar von jürgen wutzlhofer im standard-thread.

ich würde mal annehmen, dass die meisten anderen das gar nicht wahrgenommen haben. und selbst bei den pressestellen bin ich skeptisch, die der övp kannte ja nicht mal das pröllblog (siehe kommentar von tom weiter oben).

hallo helge,
eine kleine bitte, solltest du zeit und lust haben: kannst du mal einen blick auf unseren salzblog.at werfen. seit märz bloggen wir als “stadt salzburg”. vielleicht hast du ein paar tipps auf lager?

hallo jochen, hab’s mir kurz angesehen.

das ist bislang nur technisch ein blog, inhaltlich ist es einfach eine sammlung von artikeln und veranstaltungshinweisen. zt. schreiben die autoren von sich in der dritten person. ein blog ist aber ein medium für persönliche einblicke und ansichten, subjektiv und persönlich. (die einschränkung auf die zielgruppe “jugend” finde ich fast ein bisschen inkompatibel mit diesem anspruch, aber das müsste man sich im detail anschauen.)

viele gute tipps findest du zb. in den beiträgen von klaus eck und in dieser präsentation.

wenn das blog für euch strategisch wichtig ist, empfehle ich einen workshop mit jemandem, der was davon versteht. (zb. 1, 2, 3)

danke für die tipps. das mit der persönlichen meinung ist für einen apparat wie die stadt salzburg ist nicht so ganz einfach, weil ich natürlich nicht allein für 3.000 mitarbeiterInnen und für 40 gewählte gememeinderätInnen sprechen kann. das mit dem workshop haben wir schon angeleiert: im nov. machen wir einen webmontag.at, um über die möglichkeiten und verbesserungsvorschläge zu diskutieren.

ps: die präsentation ist echt gut (zumindest mein eindruck beim ersten überfliegen). solltest du wieder einmal tipp auf lager haben, ich habe jederzeit ein offenes ohr dafür!

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